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Fünferpacks zur deutschsprachigen Erstaufführung (1): Musicals mit Brisanz

Wir haben unseren Katalog nach würdigen Anwärterinnen für deutschsprachige oder deutsche Erstaufführungen durchforstet. Hier sind die ersten fünf.

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Dass Musicals nicht nur harmlose Stoffe verarbeiten, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Schon vor Jahrzehnten legten WEST SIDE STORY und ANATEVKA in dieser Hinsicht die Messlatte hoch. Hier kommen fünf neuere Musicals mit Brisanz. Für vier von ihnen liegen offizielle deutsche Übersetzungen bereits vor, da sie sich in den letzten Jahren auf Amateurbühnen bewährt haben. Als deutsche oder deutschsprachige Erstaufführungen werden jedoch nur professionelle Premieren bezeichnet.

KNASTSCHWESTERN (orig. BAD GIRLS) ist beinahe ein „All-Women-Musical“. Die Handlung des Musicals und seine außergewöhnlichen Charaktere basieren auf einer gleichnamigen, preisgekrönten britischen Fernsehserie. Die Story spielt in einem Frauengefängnis und erzählt von einer idealistischen Aufseherin und den Auseinandersetzungen mit ihrem altmodischen Vorgesetzten und dessen Handlangerin. Die ebenso aufrüttelnde wie berührende Show von Kath Gotts, Maureen Chadwick und Ann McManus verbindet Sozialkritik, Witz und Romantik.

WORKING ist ein rasanter Querschnitt aus dem Arbeitsleben und enthält in der Neufassung einen Song von HAMILTON-Komponist Lin-Manuel Miranda: „Delivery“ befasst sich mit dem modernsten aller Berufe, dem Liefern aller denkbaren und undenkbaren Gegenstände. Die Musik dieser Show bietet Songs weiterer namhafter Broadwaygrößen auf, und durch die zahlreichen reinen Sprechszenen und Monologe ist WORKING auch gut für ein Schauspielensemble geeignet.

MADE IN DAGENHAM zeigt eine wahre Geschichte aus den späten 1960ern, deren Relevanz leider nicht abgenommen hat: Es geht um gute Arbeitsbedingungen für Frauen und deren unterschiedliche Bezahlung im Vergleich zu männlichen Kollegen. In einer Welt, in der immer noch über Gender Pay Gap, Mindestlohn und Grundeinkommen gestritten wird, zeigt dieses Musical witzig, berührend und zeitlos, wie einfache Menschen Außergewöhnliches erreichen können, wenn sie zusammenhalten – es ist ein Plädoyer für Freundschaft, Liebe und den Kampf für Gerechtigkeit.

IMAGINE THIS zeigt eine Theatergruppe im Warschauer Ghetto, die ein Stück über die Belagerung von Masada probt, die mit einem Massenselbstmord endete. Ihre Inszenierung überlagert sich auf dramatische Weise mit der Realität, von der sie ablenken, auf die sie aber auch anspielen soll. Das Musical lässt die Frage bewusst offen, ob es zulässig ist, in einer lebensbedrohlichen, unfreien Situation für Unterhaltung zu sorgen. Und doch ist IMAGINE THIS auch ein Stück darüber, wie das Lachen die Angst vertreiben kann, wie Freiheit in der Fantasie entsteht und sich eine Liebe beweist, die keine Grenzen kennt.

Das Musical VIOLET mit Musik von Jeannine Tesori (SHREK, HÖLLISCH MODERNE MILLIE) spielt in den amerikanischen Südstaaten zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung: Eine junge, körperlich gezeichnete Frau macht sich zu einem Wunderheiler auf, aber ihre Reise führt zu der Erkenntnis, dass es Wichtigeres als äußerliche Schönheit gibt: Toleranz und Liebe. Das ungewöhnliche, mehrfach preisgekrönte Musical war eine der erfolgreichsten Off-Broadway-Shows der Neunzigerjahre und bewegte auch beim letzten Revival im West End Anfang 2019 Kritik und Publikum. VIOLET wurde noch nie in deutscher Sprache aufgeführt; eine Übersetzung ist in Vorbereitung.


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