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Klassiker und Gegenwartstheater: Ein Premieren-Rückblick

Adaptionen großer Literatur sind im Musical oft erfolgreich, aber auch Originalstoffe wie NEXT TO NORMAL können großen Eindruck machen.

NEXT TO NORMAL in Freiberg (Foto: Mittelsächsisches Theater/Detlev Müller)

Für Ungeduldige geht es hier direkt zu den Stückinfos:

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Leonard Bernsteins und Stephen Sondheims WEST SIDE STORY zählt ohne Frage zu den bekanntesten Musicals überhaupt. Von „einer dramatischen Geschichte mit den schönsten Songs“ spricht Thomas Kahlcke im Schleswig-Holstein Magazin. Sebastian Schack hingegen lobt auf KIELerleben die Aktualität des Stoffes: „Leonard Bernstein überträgt Shakespeares Drama um ‚Romeo und Julia‘ ins New York der 1950er-Jahre, wo nicht verfeindete Familien, sondern zwei Straßengangs, die Jets und die Sharks, aufeinandertreffen.“ Dabei drehe sich der zentrale Konflikt laut Schack „nicht nur um territoriale Ansprüche auf ‚die Straße‘, sondern auch um blanken Rassismus. Ein Thema, das immer noch und immer wieder und gerade auch hierzulande die Nachrichten bestimmt.“ Dennoch habe das Musical „trotz aller Schwere auch seine hellen und heiteren Momente.“ Dies ist ohne Frage einer der Gründe, warum das Werk auch mehr als 60 Jahre nach seiner Uraufführung derart gerne gespielt wird.

Ein deutlich jüngeres Musical – das dennoch bereits zu den Klassikern des Genres gezählt werden kann – hat das Staatstheater Darmstadt diese Spielzeit ins Programm genommen: JEKYLL & HYDE von Frank Wildhorn und Leslie Bricusse. Der Stoff nach der gleichnamigen Erzählung von Robert Louis Stevenson sei, so Matthias Bischoff in der FAZ, ideal für „ein Musical im Stil von PHANTOM DER OPER, das musikalisch mit üppig orchestrierten Rock-Balladen, schmachtenden Duetten und opernartigen Chorszenen aufwartet, aber immer wieder auch Anleihen macht bei Jazz oder Vaudeville.“ Weiter spricht Bischoff von einem „fast durchgehenden Musikteppich, in dem sich Motive wiederholen und die düstere Atmosphäre durch Anleihen bei Filmmusik erzeugt wird.“

Auch Stefan Michalzik lobt in der Frankfurter Rundschau Wildhorns Partitur, deren „in Popmanier an die Romantik angelehnte Musik“ eine „hollywoodeske Breitwandigkeit“ besitze. Echo Online bezeichnet JEKYLL & HYDE als „dunkle Pop-Oper“, während Anja Würfel auf Musicalzone die „zum Teil rockig-poppige, schaurig-düstere, aber stellenweise auch ruhige und emotionale Musik“ besonders hervorhebt, die die Handlung perfekt unterstütze. „Es werden an passenden Stellen bestimmte Passagen geschickt wiederholt, was auch den Inhalt der entsprechenden Lyrics unter die Haut gehen lässt“, so Würfel weiter.

Noch zeitgenössischer geht es im Mittelsächsischen Theater Freiberg zu, wo am 4. November das mit mehreren Tony-Awards sowie dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Musical NEXT TO NORMAL (FAST NORMAL) aus dem Jahr 2008 von Brian Yorkey und Tom Kitt Premiere feierte. „Das Musical zeigt“, so heißt es auf musicalzentrale.de, „das ‚fast normale‘ Leben der Familie Goodman, in dessen Mittelpunkt Mutter Diana und ihre bipolare Störung stehen“, wobei „Wahn und Wirklichkeit hier ineinanderfließen“. Dass psychische Erkrankungen als Musical-Stoff sicherlich keine leichte Kost sind, steht außer Frage, dennoch handelt es sich, wie Torsten Kohlschein in der Freien Presse schreibt, um ein „ebenso relevantes wie noch immer tabuisiertes Thema“, das in NEXT TO NORMAL mit „bemerkenswertem Ergebnis“ auf die Bühne gebracht werde.

Etwas ausführlicher beschreibt Jens Daniel Schubert in der Sächsischen Zeitung das Stück: „FAST NORMAL thematisiert mit den Mitteln des Musicals ernste Themen. Verdrängung statt Verarbeitung, psychologische Probleme und ihre Behandlung, Scheinlösungen und der Teufelskreis von Abhängigkeiten werden auf der Bühne durchlebt. Der Zuschauer wird in den Bann gezogen, emotional angesprochen und zum Nachdenken gebracht.“ Zur Musik sagt Schubert, sie enthalte „pathetische Steigerungen und herzzerreißende Balladen“. Sein Fazit: "Der soghaften Wirkung von FAST NORMAL kann man sich kaum entziehen – ein bewegendes Stück in überzeugender Umsetzung“.


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