GIUDITTA

Was sich hinter dem Untertitel ›Musikalische Komödie‹ verbirgt, ist eigentlich eine Operette – obwohl böse Zungen behaupten, es sei vielleicht doch eine Oper, eine recht operettige eben. Der Komponist ist in jedem Fall Franz Lehár und »Giuditta« ist sein letztes Bühnenwerk. Mit dem Startenor Richard Tauber und der gefeierten Jarmila Novotná kam GIUDITTA 1934 an der Wiener Staatsoper heraus und wurde für alle Beteiligten zum Triumph. »Meine Lippen, sie küssen so heiß« oder »Freunde, das Leben ist lebenswert« sind nur zwei der unzähligen Schlager, die diese besondere Operette mit ihrem Hang zu Puccini-Klängen zu bieten hat.

Die Geschichte ist ebenso zum Lachen wie zum Weinen: Der junge Offizier Octavio verliebt sich in die verheiratete Giuditta. Leidenschaft siegt über Vernunft und beide stürzen sich in ein Abenteuer, das sie nach Nordafrika verschlägt, wo berauschende Sommernächte am Meer ein Glück versprechen, das zu schön ist, um wahr zu sein.

GIUDITTA ist ein Werk der großen Kontraste: Es kommt leichtfüßig, manchmal tänzerisch daher und kaum wiegt man sich in Sicherheit, einer humorvollen Veranstaltung beizuwohnen, schlägt das Schicksal mit aller Härte zu. Und wenn man sich auf eine vermeintliche Tragödie eingestellt hat, rauschen buffoneske Szenen und Couplets am Publikum vorbei. Tränen der Rührung und jene der Erschütterung mischen sich mit Lachtränen, die einem aber auch im Hals stecken bleiben können. Der Fokus liegt klar auf dem Paar Giuditta und Octavio – ein zum Scheitern verurteiltes Liebespaar, das sich in der Welt nicht mehr zurechtfindet und alle Sehnsüchte auf das Gegenüber projiziert.

Für Lehár und seine Librettisten gelten nicht mehr die ›Gesetze‹ der leichten Muse – sie schreiben, was und wie es ihnen am Herzen liegt. In GIUDITTA hallt das Echo einer CARMEN ebenso nach wie das von Wedekinds ERDGEIST / DIE BÜCHSE DER PANDORA oder die klingende Erinnerung an die späten Lehár-Operetten wie DER ZAREWITSCH oder DAS LAND DES LÄCHELNS: eine große Oper(ette) mit Tendenzen zum Grenzgang, ein melodienreicher Rausch mit der heiter-melancholischen Erkenntnis: »Ja, die Liebe ist so wie ein Schaukelbrett, / wo das Herz einmal rauf-, einmal runtergeht!«