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Hat einen Lauf: DIE STUMME SERENADE

Nach Coburg und Saarbrücken steht das Werk aktuell in Flensburg und bald in Lübeck auf dem Plan.

DIE STUMME SERENADE aktuell (September 2021) in Flensburg (Foto: Schleswig-Holsteinisches Landestheater)...

...in Saarbrücken im April 2021 (Foto: Staatstheater/Hochschule/Astrid Karger)...

...und in Coburg 2017 (Foto: Landestheater).

Ausschnitte einer Aufführung in Levallois-Perret (Opera Fuoco) 2019

DIE STUMME SERENADE, eine späte Operette von Erich Wolfgang Korngold, die jahrzehntelang in den Archiven schmorte, wurde innerhalb kurzer Zeit in Coburg, Saarbrücken und Flensburg neu inszeniert. Die Premiere in Lübeck steht kurz bevor. Das Stück "hat einen Lauf", wie man im Sport sagen würde. Wir sprachen mit Renate Liedtke darüber, die an zwei Produktionen dieses Werks beteiligt war: in Coburg als Dramaturgin und in Saarbrücken als Regisseurin. Die dortige Inszenierung entstand als Kooperation zwischen Staatstheater und Musikhochschule und wurde wegen der Covid19-Pandemie letztlich nicht live, sondern als Online-Stream gezeigt.

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Wie kamen Sie auf DIE STUMME SERENADE? Ist das nicht ein etwas altmodisches Stück für eine Studentenproduktion?

Renate Liedtke: DIE STUMME SERENADE wurde unter der Intendanz von Bodo Busse in Coburg bereits zu neuem Leben erweckt. Und dieses neue Leben zeigte sich in einer sehr erfolgreichen Produktion. Die Coburger Inszenierung von Tobias Materna wurde mit dem Operettenfrosch des Bayerischen Rundfunks ausgezeichnet. Bodo Busse wollte DIE STUMME SERENADE dem Saarländischen Publikum nicht vorenthalten und hat sie für unsere Hochschulproduktion vorgeschlagen. Gerade für Studenten sind in dieser Komödie sehr dankbare Rollen. Die Student*innen haben hier ersten Kontakt mit der Gattung der Operette. Sprechtexte, Tanz und ein immenser Melodienreichtum verlangen den – ich sage mal – ganzheitlichen Einsatz, Charme und Esprit sind gefragt, hintergründiger Sprachwitz will gestaltet werden und der Mut zu körperlichem Einsatz sollte auch vorhanden sein. Das ist doch bestens geeignet für eine Produktion mit Student*innen. Die jungen Menschen der Hochschule für Musik Saar hatten einen Heidenspaß, ihre Rollen zu entwickeln und auf der Bühne zu gestalten.

Wie stehen Sie als erfahrene Dramaturgin und Regisseurin zu Erich Wolfgang Korngold im Allgemeinen?

Um es ganz kurz zu sagen: Ich liebe seine Werke. Ich hatte das Glück, einen Großteil seiner Opern auf der Bühne zu erleben oder als Dramaturgin zu betreuen. Seine Musik nimmt einen voll und ganz gefangen. Wenn man gedanklich in seine Werke eintaucht, wird man sie Tag und Nacht nicht los. Die Melodien und Geschichten spuken unentwegt im Kopf herum. Korngolds Biografie zählt für mich zu den spannendsten und irgendwie auch tragischsten, die ich kennengelernt habe. Er war ein Komponist, der als junger Mensch unter der Fuchtel seines Vaters stand, als Wunderkind die Musikwelt in Staunen versetzte, der dreiundzwanzigjährig eine so großartige Oper wie "Die Tote Stadt" komponierte, der den Sound der Hollywoodfilme maßgeblich prägte, dessen Musik aber nach dem 2. Weltkrieg für altmodisch erklärt wurde, weil sie für jene Zeit zu melodienreich war. Er war ein Mann, der nach einer großartigen Karriere lange Zeit so gut wie vergessen war und dieses Vergessen an eigener Seele zu spüren bekam. Nun erfreuen sich seine Werke Gott sei Dank in der Musikwelt wieder großer Beliebtheit. 

Sie kündigen das Werk als "Liebesgeschichte, die in politisch bedrucktes Seidenpapier gewickelt ist" an. Wie ist denn das zu verstehen?

DIE STUMME SERENADE ist nicht nur eine spritzige Komödie, in der sich, wie das so üblich ist, zwei Paare über Umwege finden und lieben lernen. Korngold und seine Mitautoren haben auf sehr charmante Weise in ihren Dialogen und Liedtexten spitze Pfeile in Richtung Beamtentum, Bürokratie und Missstände in der Gesellschaft eingeflochten. Diese Spitzen sind nie platt, vordergründig oder derb, sondern immer klug und feinsinnig, und darum macht es so großen Spaß, auch inhaltlich den Dialogen zu folgen. 

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Über Renate Liedtkes Inszenierung in Saarbrücken schrieb das Opernglas: "Die rund zweistündige gestreamte Aufführung verging wie im Flug". Die Flensburger Premiere des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters am 11. September 2021 (Regie Kornelia Repschläger) wurde in der Presse als "prima ausgegraben" gewürdigt: "Sie ist voll schwelgerischer Liebeslieder, voll leidenschaftlicher Orchestersequenzen, voll liebestoller Charaktere, voll rasanter Handlungsumschwünge, die zielsicher zum Happyend führen", hieß es in der Landeszeitung. Die Premiere in Lübeck (Inszenierung Michael Wallner) ist am 12. November.

 


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