Für Ungeduldige direkt zu den Stückinfos:
- MÄRCHEN IM GRAND HOTEL
- DAS LÄCHELN EINER SOMMERNACHT
- THE STORY OF MY LIFE
- PETER PAN
- LITTLE MISS SUNSHINE
- ANATEVKA
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Paul Abraham (DIE BLUME VON HAWAII, BALL IM SAVOY) zählte zu den populärsten Operettenkomponisten der 1930er-Jahre, bevor seine Werke verboten wurden und in Vergessenheit gerieten. Erfreulicherweise finden seine Kompositionen in den letzten Spielzeiten ihren Weg zurück auf die deutschsprachigen Bühnen und werden von Publikum wie Kritik gleichermaßen begeistert aufgenommen.
Eines dieser Werke ist Abrahams Operette MÄRCHEN IM GRAND HOTEL, die aktuell in der Deutschen Oper am Rhein in Duisburg zu sehen ist. Von einem „humorvollen Abend mit stimmungsvoller Musik“ spricht Markus Lamers im Opernfreund. „Die Musik Abrahams, die wie selbstverständlich Elemente des Jazz, Tango und Foxtrott mit dem Walzer verbindet“, so Lamers weiter, „geht schnell ins Ohr und sorgt für gute Laune beim Publikum, das spätestens in der Pause versteht, warum Abraham einer der meist-gespielten Operettenkomponisten der frühen 30er-Jahre war.“
In der WAZ preist Lars von der Gönna das Werk als „Show-Feuerwerk mit frechem Foxtrott, saftigem Swing, Tangoschritten und herzwärmenden Arien alter Operettenschule“, in dem sich „der Sound Amerikas mit dem Dreivierteltakt“ vermähle. Thomas Molke wiederum berichtet im Online Musik Magazin von „einem wunderbar leichten Abend, der mit eingängigen Melodien in eine entzückende Märchen- bzw. Traumwelt entführt.“ Zur Musik heißt es hier: „Die Melodien des Stückes bewegen sich zwischen rühriger Walzerseligkeit und für die damalige Zeit modernen Jazz- und Foxtrott-Klängen.“
Wolfram Goertz lobt auf rp-online die musikalische „Melange, eine Art Hybrid-Revue, in der Foxtrott und Blues, Tanzmusik und Schlager, Walzer und Arie einträchtig, aber pointiert nebeneinander wohnen.“
Dreivierteltakt und eine unverkennbare Nähe zur Operette kennzeichnen auch Stephen Sondheims Musical DAS LÄCHELN EINER SOMMERNACHT (A LITTLE NIGHT MUSIC), das jüngst in Solingen Premiere feierte. Daniela Hennen benennt den inhaltlichen Kern dieser „Musicalperle“ in ihrer Rezension für die Musicalzentrale treffend: „Das Stück erzählt lebhaft Geschichten um Irrungen und Wirrungen der Liebe und der erotischen Attraktivität, die keine Generation ausnimmt, diese sogar verwischt.“
Das auf dem gleichnamigen Film von Ingmar Bergman basierende Musical entfalte sich „in einer Welt voller Leidenschaft, Sehnsucht und Ironie“, so Christoph Doerner auf kulturfeder.de. Über Sondheims Score erklärt Doerner: „Die Musik im Walzer-Rhythmus dominiert die Handlung nicht, sondern dient in erster Linie zur Untermalung und Betonung der gezeigten Gefühle. Von lebhaften Ensemblestücken bis hin zu zarten Solonummern gelingt es, die Charaktere und ihre Geschichten mit jeder Note zum Leben zu erwecken.“
Eine weitere Musical-Rarität war mit THE STORY OF MY LIFE in Gelsenkirchen zu bewundern. „Das Zwei-Personen-Musical von Neil Bartram und Brian Hill hinterfragt zwischen Lebensfreude und Trauer, wie sehr Freundschaft ein Leben prägen kann“, schreibt Ingo Göllner in der Musicalzentrale. „Ein Musical im Kleinformat zeigt große Gefühle“, betitelt Wolfgang Platzeck seine Rezension in der WAZ. „Die im besten Sinne herzerwärmende Geschichte“, heißt es hier weiter, „erzählt in 18 Songs von der Freundschaft zwischen Alvin und Thomas,“ zwei Kindheitsfreunde, die sich mit den Jahren auseinandergelebt haben. Nach Alvins Tod muss Thomas eine Trauerrede auf seinen einstmals besten Freund verfassen und lässt hierfür ihre gemeinsame Zeit Revue passieren.
„Buch und Musik malen hier und da schon mal mit dem großen Emotionspinsel“, ist in der Musicalzentrale zu lesen. „Gesprochene und gesungene Texte werden miteinander verwoben. Stilistisch sind Bartram und Hill nah an einem anderen Meister des Kammermusicals: Jason Robert Brown (THE LAST FIVE YEARS).“ Besonders gefällt Göllner die größer besetzte Orchesterversion, die in Gelsenkirchen statt der dreiköpfigen Band-Fassung zu hören ist. Diese „schimmert durch Streicher und Holzbläser in zarten, warmen Klangfarben. Die Arpeggios in der Partitur und die Instrumentation mit Glockenspiel und Xylophon lassen die Begleitung an präzise gewählten Stellen verzaubert-engelhaft klingen.“ Auch Thomas Molke preist im Online Musik Magazin die Partitur, die „in zahlreichen Farben schimmert und tief in die Gefühlswelt der beiden Männer eintaucht“, während auf halloherne.de von einer „zu Herzen gehenden Buddy-Story“ mit „gefälliger, melancholisch grundierter Genremusik“ die Rede ist.
Eine weltbekannte Vorlage besitzt das Musical PETER PAN, das derzeit im Staatstheater Kassel und der Musikalischen Komödie Leipzig gezeigt wird. Das Musical von George Stiles und Anthony Drewe (SOHO CINDER*ELLA, BETTY BLUE EYES) wartet mit „mal kraftvoller, mal feenhaft-zauberischer Musik“ auf, so Bettina Fraschke in der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen. Als Kernthemen benennt Fraschke die Fragen: „Ist es eigentlich erstrebenswert, der Kinderwelt zu entwachsen? Was kommt danach? Müssen sich Erwachsensein und kindliche Fantasie komplett ausschließen?“ Marcus Leitschuh hebt bei Musicals Today zudem besonders die „kluge Übersetzung von Roman Hinze“ dieses „bühnentechnischen Abenteuers“ hervor, „das junge Menschen für das Theater begeistern kann“. (Eine Fußnote: Musik und Bühne bietet auch die nostalgische Broadway-Version von PETER PAN an.)
Basierend auf dem berühmten, gleichnamigen Film fand im Theaterzelt Altenburg am 12. Mai die Premiere von LITTLE MISS SUNSHINE statt. Das Musical, das erst im Juni 2023 seine deutschsprachige Erstaufführung in Schwerin erlebte, beschreibt, so ist auf altenburgerland.de zu lesen, „einen katastrophalen Roadtrip mit schrägen wie liebenswürdigen Figuren und absurder Situationskomik“ und lade dazu ein, „andere für ihre Eigenheiten zu lieben und die eigenen Macken akzeptieren zu lernen“. Auch die Leipziger Volkszeitung attestiert dem Musical „jede Menge absurde und komische Momente“, wobei „die Musik William Finns […] locker, schwungvoll und wunderschön“ daherkomme.
Natürlich feierten im vergangenen Monat auch Genreklassiker Premiere – darunter der Musical-Dauerbrenner ANATEVKA, der seit 18. Mai an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf zu sehen ist. Wie bei diesem Stück nicht anders zu erwarten, hebt die Westdeutsche Zeitung besonders die Ohrwurmqualität der Songs hervor: „Neben der Musik zum Mitsummen berührt die Story und zünden heute noch manche Archetypen jiddischer Literatur.“ Daniela Hennen wiederum betont in ihrer Rezension für die Musicalzentrale vor allem die Aktualität und die Allgemeingültigkeit des Stoffes: „Emanzipation der Frauen, Abwägen von Tradition und Weiterentwicklung, politische Verfolgung und auch Glaubensfragen – all dies sind Konflikte, denen Tevje und seine Familie sich stellen müssen und die auch der heutigen Gesellschaft nicht fremd sind.“
Noch etwas umfassender wird der Kern der „berührenden Geschichte von Familie, Tradition, aufkeimendem Antisemitismus und vor allem von der Liebe“ bei Klassik Heute benannt: „Mit seiner prägnanten Mischung aus jüdischen Klängen und klassischem Broadway-Sound erzählt das Musical von Tradition und vom Bruch mit selbiger, von Familie als Kern des Lebens, von Liebe, unbezwingbarem Lebensmut und Überlebenswillen in schweren Zeiten.“