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Gerechtigkeit - und wie man sie sich verschafft

Sondheims SWEENEY TODD erfreut sich aktuell großer Beliebtheit. Ein guter Anlass zum Auftakt unserer neuen Reihe "3 Fragen an..."!

SWEENEY TODD am Staatstheater Saarbrücken: Peter Schöne in der Titelrolle (Foto: Theater/Martin Kaufhold)

SWEENEY TODD in Hildesheim: Daniel Wernecke und Ensemble (Foto: Theater für Niedersachsen/Jochen Quast)

SWEENEY TODD in Berlin: Christopher Purves mit Dagmar Manzel (Foto: Komische Oper Berlin/Jan Windszus)

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Stephen Sondheims Musical SWEENEY TODD - er selbst nannte das Stück "schwarze Operette" -  wird derzeit an vielen Häusern im deutschsprachigen Raum gespielt.

Wir haben dies zum Anlass genommen, unsere „3 Fragen“ nicht nur einer Person, sondern mehreren gleichzeitig zu stellen. Dabei lag unser Fokus zwar auf dem jeweiligen Hauptdarsteller, aber auch Dramaturgen, Regisseure oder Darsteller anderer Rollen haben uns interessiert. 

Wann und wo war Ihre erste Begegnung mit dem Stück?

Ich habe SWEENEY TODD zum ersten Mal 1985 an der Royal Academy of Music in London gehört, mit einem engen Freund von mir in der Titelpartie. Ich war hin und weg von seiner Performance und dem Stück an sich. | Christopher Purves (spielt die Titelrolle an der Komischen Oper Berlin)

Meine erste Begegnung war bereits während des Studiums als es bei der Frage, welche Rollen für einen Bariton infrage kommen, natürlich auch Sweeney auftauchte. Es gab immer wieder Berührungspunkte in meiner Karriere, aber ganz konkret mit dem Stück auseinandergesetzt habe ich mich tatsächlich erst, als es hieß, dass ich Sweeney in Hildesheim spielen werde. | Daniel Wernecke (spielt die Titelrolle am Theater für Niedersachsen)

Oh mein Gott! Meine erste Begegnung mit dem Stück war wirklich besonders. Meine Frau zeigte mir ein Video der konzertanten Version mit Bryn Terfel in der Hauptrolle. Wir waren beide vollkommen fasziniert von der Anfangssequenz: Alle stehen steif in konzertanter Haltung, schlagen plötzlich ihre Bücher zu – und dann geht es richtig los! | Peter Schöne (spielt die Titelrolle am Staatstheater Saarbrücken)

Was macht das Stück oder die Inszenierung besonders?

Am erstaunlichsten fand ich die clevere Konstruktion vom Barbierstuhl in den Ofenschacht. Dadurch wirkten die Morde fast beiläufig, wie wenn man sich eine Zigarette anzündet und einen kleinen Plausch hält – ohne jegliche Aufgeregtheit, einfach nur nüchterne Brutalität. | Christopher Purves

Das Stück hat eine gewisse Zeitlosigkeit für mich und spannend ist, dass in unserer Inszenierung das Stück in einer abstrakten Form gezeigt wird, was den Bühnenraum, die Spielart und vor allem die Kostüme angeht. Das Publikum sieht nicht das was viele erwarten und ist dazu angeregt sich von Altbekanntem zu lösen. Dieser Mix aus Überhöhung und Reduzierung macht es für mich sehr spannend. | Daniel Wernecke

Wir alle haben einen angeborenen Sinn für Gerechtigkeit. SWEENEY TODD handelt in erster Linie von diesem Thema: Gerechtigkeit – und wie man sie sich verschafft. Gleichzeitig ist es faszinierend und verstörend zugleich, jemandem beim Morden zuzusehen. Früher kamen die Menschen zusammen, um Hinrichtungen auf dem Marktplatz zu beobachten. Heute konsumieren wir Gewalt in Action- oder Horrorfilmen – oder erleben sie durch die Berichterstattung über Kriege sogar in erschreckender Nähe. | Peter Schöne

Wofür würden Sie „morden“?

Tatsächlich denke und hoffe ich, dass „morden“ für mich nicht in Frage kommt. Dass ich in einer Notwehrsituation zu brutal vorgehe und jemanden zu Tode bringe, will ich aber nicht ausschließen. Aber natürlich „morde“ ich für eine fantastische Praline mit Pflaume in Madeira… | Jens Larsen (spielt Richter Turpin an der Komischen Oper Berlin)

Da ich am Ende doch eher pazifistisch bin, muss ich sagen, dass ich wohl für nichts auf der Welt einen Mord begehen könnte – kann sich ja noch ändern… | Daniel Andrés Eberhard (ist Dramaturg an der Komischen Oper Berlin)

Natürlich verstehe ich die Frage. Eine übliche, humorvolle Antwort darauf wäre: "Für Schokolade würde ich morden.“ Aber der zivilisatorische Lack ist meiner Meinung nach sehr dünn! Es braucht oft nur wenige Auslöser, um aus vermeintlich harmlosen, normalen Menschen Mörder zu machen. Dieser innere Widerspruch beschäftigt mich tief, und ich hoffe, dass ich niemals in eine solche Situation geraten werde. Insofern möchte ich klar sagen: Ich würde niemals morden! | Peter Schöne

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Die Befragten haben ausführlicher geantwortet, als wir es hier online wiedergeben können. Die Langfassung finden Sie als pdf-Datei mit diesem Link!

Außer in Berlin, Hildesheim und Saarbrücken steht SWEENEY TODD aktuell im Staatstheater Cottbus, in der Oper Dortmund und der Staatsoperette Dresden, im Theater Krefeld-Mönchengladbach und im Landestheater Linz auf dem Spielplan. Mindestens drei Neuinzenierungen werden in der Spielzeit 2025/26 folgen.


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