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„Ich liebe gute Musicals!“

Die renommierte Sopranistin Sarah Maria Sun singt in Dresden die Hexe in Sondheims INTO THE WOODS. Wir haben sie dazu befragt.

Sarah Maria Sun (Foto: Rüdiger Schestag)

Liebe Frau Sun, Sie sind vor allem als exzellente Spezialistin für zeitgenössische Musik bekannt und wirken derzeit u.a. bei Uraufführungen anlässlich der Tage Neuer Musik in Witten und bei „Lied Basel“ mit. Ein Musical zählt normalerweise nicht zu diesem Repertoire. Wann war denn Ihr Erstkontakt mit Stephen Sondheims Musik?

Den hat mein Mann veranlasst. Er war fassungslos, dass ich das gar nicht kannte. Ich habe mir einen Mitschnitt von INTO THE WOODS angesehen und mich auf der Stelle verliebt. Ich finde den Bruch zwischen Spaß und Ernst unheimlich spannend, keins der verwendeten Märchen wird verraten. Die Musik ist phänomenal, und die Rollen sind ein Traum. In dem Stück würde ich sogar einen Baum spielen, nur um dabei zu sein!

Viele sogenannte klassische Sänger*innen muten sich aus stimmtechnischen Gründen nicht gerade gerne eine Musicalpartie zu. Wie geht es Ihnen damit?

Es ist schon eine spezielle Sache, man muss belten, die Partien spielen sich vorwiegend in der Mittellage ab, in der mixed voice. Das ist durchaus anstrengend, wenn man es wie ich eher selten macht, also eine riesige Umstellung, für die ich trainieren muss. Mit dem unterhaltenden Genre an sich habe ich keine Berührungsängste, ich habe schon als Studentin gerne Varieté-Songs gemacht. Ich will meine stimmlichen Grenzen ständig erweitern, das ist mein Lebensinhalt. Also singe ich seit zwanzig Jahren ein wild gemischtes Repertoire – das geht, nur eine gute Planung ist nötig!

Würden Sie denn ein Musical unter dem Begriff „zeitgenössische Musik“ verorten?

Das Genre ist für mich eine Nische in der zeitgenössischen Musik. Es gibt dort ansonsten meist komplexe Strukturen und philosophische Themen, und eine widersprüchliche Art des Ausdrucks. Das ist eigentlich meine Welt. Man wird nicht immer nur bestätigt, sondern man bekommt mehr Fragen als Antworten. Im Musical gibt es Storytelling, tolle Psychologie, Ausstattung, Schauspielen, Witz, Unterhaltung - und in INTO THE WOODS eben sogar Tragödie. Geschichten so gut zu erzählen, wie es viele Musicals tun, ist eine hohe Kunst. Ich liebe gute Musicals!

Die Fragen stellte Jürgen Hartmann. Premiere von INTO THE WOODS war am 21. Mai in der Spielstätte „Semper zwei“ der Sächsischen Staatsoper, Vorstellungen gibt es bis einschließlich 7. Juni.


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