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Aus der Neuen Welt

Wenn es eine neue Operettenwelt gäbe - Kálmáns HERZOGIN VON CHICAGO hätte einen Platz darin. Drei Neuinszenierungen stehen 2018/19 an.

DIE HERZOGIN VON CHICAGO im Staatstheater Kassel (Foto: Theater/N. Klinger)

DIE HERZOGIN VON CHICAGO am Theater Koblenz

Barrie Kosky über DIE HERZOGIN VON CHICAGO an der Komischen Oper Berlin

Es tue sich etwas in der Welt der Operette, schrieb die Rhein-Zeitung anlässlich der Koblenzer Premiere der HERZOGIN VON CHICAGO im November 2016: "Die Operette wird immer häufiger nicht nur als Beruhigungsmittel für das Abopublikum programmiert", meinte der Rezensent, "Regisseure beginnen, sich für den kritischen Unterton zu interessieren, Dirigenten finden Gefallen am originalen Klang jenseits der Wunsch-Hitparade". Wenn es eine neue Operettenwelt gäbe, hätte Kálmáns HERZOGIN (aus der Neuen Welt) ihren Platz darin, ebenso wie die Werke von Paul Abraham, deren ebenfalls jazzaffiner Sound wohl die Türen zu einem "deutschen Musical" hätte öffnen können, wären er und viele andere modern denkende Künstlerinnen und Künstler nicht von den Nazis vertrieben worden.

Dass heute, einige Jahrzehnte und viele süßlich tönende Verfilmungen später, gerade diese jazzige Spielart der Operette zu angemessenen Ehren gelangt, ist eine berührende Entwicklung. In der Spielzeit 2018/19 werden in Deutschland nicht nur sechs Abraham-Neuinszenierungen zu sehen sein, sondern allein DIE HERZOGIN VON CHICAGO wird drei Mal neu auf die Bühne gebracht - ab 20. Oktober in der Musikalischen Komödie Leipzig, ab 8. Dezember am Theater Regensburg und ab 9. Februar am Stadttheater Bremerhaven.

"Charleston und Foxtrott gegen Walzer und Csárdás" hörte ein Rezensent der Aufführung am Staatstheater Kassel seinerzeit, 2016, aus der HERZOGIN-Musik heraus und hob auch die "schrägen Zitate" hervor, die Kálmán sehr pfiffig unterbringt: "Donauwalzer, amerikanische Hymne und Beethovens Fünfte als Foxtrott". DIE HERZOGIN VON CHICAGO trage, so heißt es weiter, "den Kampf der Kulturen zwischen dem modernen Amerika und dem traditionsreichen alten Europa als musikalischen Streit aus". Ein Schelm, der Aktuelles dabei denkt.

Was die Operette an sich angeht, fasste die bereits zitierte Rhein-Zeitung die aktuelle Entwicklung prägnant zusammen: Die Premieren der letzten Jahre seien "nicht letzte Zuckungen einer todgeweihten Gattung, sondern quicklebendige Theaterabende, die das Potenzial haben, der von vielen Richtungen her missverstandenen Operette neue Wege und neues Publikum zu erschließen".


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