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Das vielerorts schon erfolgreiche Musical HAIRSPRAY war als Open-Air-Produktion in Schwäbisch Hall zu sehen. „Was wie eine tanzreiche und sehr lustige Feelgood-Show anfängt“, schreibt Angela Reinhardt in Musical Today, „erweitert sich zu einem wirksamen und erstaunlich fröhlichen Plädoyer für Toleranz, zu einem Musical gegen jede Art von Diskriminierung.“ Reinhardt unterstreicht, dass das Musical „den Rassismus der reichen Oberschicht jener Zeit“ entblöße. Das Stück zeige „ohne große historische Belehrung, sondern direkt am lebenden Objekt, wie stark die schwarze Kultur die Pop- und Tanzmusik beeinflusste. Und ganz nebenbei auch, wie offen Kinder heranwachsen und dass sie erst von der Intoleranz der Erwachsenen negativ beeinflusst werden.“
Das Musical sei zudem „eine kraftvolle Botschaft für Respekt und Toleranz und Hoffnung für alle, die ob ihres Aussehens, ihrer Herkunft, ihrer Begabung nicht in gängige Vorstellungen passen“, ist in der Schwäbischen Post zu lesen, wobei „die Songs aus der Zeit von Rhythm and Blues, Motown und Rock ’n’ Roll eine Feel-Good-Show“ garantieren. Zur Musik von Marc Shaiman und Scott Wittman sagt André Böke in der Musicalzentrale, sie sei „abwechselnd gefühl- und schwungvoll“ und fange „das 60er-Feeling optimal ein“, während Reinhardt in Musical Today präzisiert: „Die ‚farbige Musik‘, wie sie hier noch genannt wird, mischt den Rock ’n’ Roll der weißen Jugend und die schönen Schnulzen à la Elvis auf. Komponist Marc Shaiman vereint all diese Stile in einer explosiven, rhythmusreichen Partitur mit vielen Tanzszenen.“
Ein absolutes Feel-Good-Musical hat auch die Comödie Dresden mit NATÜRLICH BLOND auf den Spielplan gesetzt. Als „fröhliches Sommertheater“ bezeichnet Marcus Leitschuh das Musical in seiner Rezension für Musical Today und lobt besonders die „treffsichere deutsche Übersetzung [des Buches] von Ruth Deny“, die „gekonnt in eine oberflächlich wirkende pinke Welt voller Vorurteile und Klischees“ entführe. Zur „anspruchsvollen Partitur“ erklärt Leitschuh: „Musik und Gesangstexte von Laurence O’Keefe und Nell Benjamin in der wunderbaren Übersetzung von Kevin Schroeder und Heiko Wohlgemuth werden gerne unterschätzt. Der Wortwitz und das kunstvolle Verwenden von Wortspielen, verwobenen Motiven und Bezügen, Wiederholungen und Reimen in einem ungewöhnlichen Rhythmus machen die Texte zu einem Erlebnis.“
Ebenfalls als Open-Air-Produktion zeigte das Staatstheater Augsburg jüngst das Musical SISTER ACT, das in der Augsburger Allgemeinen als „launige Show“ mit „flotten Rhythmen, ebensolchen Tänzen, einigem Witz und reichlich Glitzer“ beschrieben wird. Besonders lobend hervorgehoben wird hier der von der Musik der Siebziger beeinflusste Score, in dem sich „Philly-Sound à la The Three Degrees mit Popballaden im Stile Barry Whites [mischt], dazu ein wenig Jazz, Swing und Gospel – ein musikalisches Rezept, das damals wie heute zündet, weil es die Zehenspitzen wippen lässt und emotional berührt“. „Viele Witze und Gospel-Gesang“, ist auch im Augsburg Journal zu lesen, während Celina Larab bei Musical Today das „knackige Buch“ voller „Komik und gutem Timing“ sowie die Musik mit ihrem „klaren Soul-Sound“ preist.
Eine weitere Freiluftproduktion gab es bei den Schlossfestspielen in Zwingenberg mit dem Musical ZORRO zu bewundern, in dem die berühmte Geschichte um den maskierten Rächer mit der Musik der Flamenco-Gruppe Gipsy Kings kombiniert wird, die für Hits wie „Bamboléo“ und „Djobi, Djoba“ bekannt ist. Als „actionreiches Mantel-und-Degen-Musical“ mit „fetzigen Rhythmen, viel Flamenco und spektakulären Fechtkämpfen“ wird das Stück auf kulturfreak.de bezeichnet. André Böke hebt in der Musicalzentrale zudem die Musik mit ihren „sinnlichen und beschwingten Liedern“ hervor sowie deren optimale Einbindung in die Handlung. „Die Songs fügen sich überraschend gut in das Geschehen des Musicals ein“, so Böke, „und sind mit Holger Hauers deutschen Texten gekonnt mit den originalsprachlichen spanischen Texten verwoben, sodass sowohl das Narrativ verständlich vorangetrieben als auch der lateinamerikanisch-spanische Flair der Musik transportiert wird.“
Natürlich finden sich unter den zurückliegenden Premieren auch zahlreiche Genre-Klassiker wie ANATEVKA bei den Erfurter Domstufen-Festspielen. Der Reiz dieses Musicals liege, so Marlene Drexler beim MDR Kulturdesk, in der „Vielschichtigkeit“ des Werks: „Zum einen ist ANATEVKA ein Familienstück und liefert ganz universelle Anknüpfungspunkte. Zum anderen ist es ein hochpolitischer Stoff.“ Für Christoph Doerner sind „Verlust und die Zerbrechlichkeit des Lebens“ die Kernthemen des Musicals. „Die Musik“, so Doerner in seiner Rezension für kulturfeder.de weiter, „transportiert die Höhen und Tiefen im Leben des Milchmanns Tevje mit einer Mischung aus Melancholie und Lebensfreude.“
An gleich zwei Orten – Ettlingen und Staatz-Kautendorf – feierte darüber hinaus EVITA Premiere. Die Rock-Oper aus der Feder von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice war laut Manfred Kraft bei Musical Today nicht nur der „absolute Publikumsrenner“, „Skrupellosigkeit, Zielstrebigkeit und unbändiger Ehrgeiz, aber auch Charme und Charisma [würden zudem] selten so perfekt zu einer Einheit verschmolzen“ werden wie in der Figur der Evita. Mit JESUS CHRIST SUPERSTAR stand bei den Eutiner Festspielen ein weiterer Andrew Lloyd Webber/Tim Rice-Klassiker auf dem Programm. Christoph Forsthoff lobt bei Musical Today den „rotzig-rockigen Klang“ sowie den „Mix aus großer Popsinfonie und intimem Gesang“, der die Rock-Oper auch 50 Jahre nach ihrer Premiere zu einem Dauerbrenner auf den weltweiten Musicalbühnen macht.