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Zweierlei Märchen in Bielefeld und Mainz

MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL und DADDY LANGBEIN sind ganz unterschiedliche Variationen einer immer wieder neuen Geschichte.

DADDY LANGBEIN in Bielefeld (Foto: Theater/Sarah Jonek)

MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL in Mainz (Foto: Theater/Andreas Etter)

DADDY LONG LEGS 2015 in New York

Teaser zu MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL in Mainz

Der Dirigent Adam Benzwi über MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL

Prinzessin und Zimmerkellner, Waisenkind und wohlhabender Gönner - und schließlich ein "Happy-Happy-Happy-End": Am selben Tag hatten zwei deutsche bzw. deutschsprachige Erstaufführungen Premiere in Mainz und Bielefeld, die die immer wieder neue Geschichte von echter Liebe, hinderlichen Konventionen, Missverständnissen und Täuschungen einmal frech, einmal anrührend variieren. 

Paul Abrahams MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL sei "eine raffinierte Melange aus Schlager, Operette, Jazz und Tango", heißt es in der Allgemeinen Zeitung anlässlich der Premiere am Staatstheater Mainz. Es ist eine schräge Story mit attraktiven Rollen von der Operettendiva bis zum Herrenquartett à la Comedian Harmonists: Ein Zimmerkellner ist in eine Prinzessin verliebt, was natürlich gar nicht geht, und während die Prinzessin zum Filmstar mutiert, entpuppt sich der Kellner erst als Milliardenerbe und avanciert schließlich gar zum adoptierten Prinzen - ob das nun geht oder nicht, bleibt der Phantasie des Regieteams überlassen. Abraham und seine Librettisten haben in diesem Stück die Gattung der Operette überaus heiter und schlau persifliert, ohne sie zu verraten. Und wie immer bei Paul Abraham klopfte 1934, als MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL in Wien zur Uraufführung kam, das Musical schon sehr vernehmlich an die Theatertüren.

Diese zu Unrecht in Vergessenheit geratene Operette, von Henning Hagedorn und Matthias Grimminger kenntnisreich musikalisch rekonstruiert, wurde in Mainz - nach einer konzertant eingerichteten Aufführung an der Komischen Oper Berlin - erstmals vollständig szenisch in Deutschland aufgeführt, und das "wirkt, als hätten Billy Wilder und Ernst Lubitsch Pate gestanden, nach dem Motto: Screwball-Comedy trifft Lustspieloperette" (Allgemeine Zeitung).

Ein Märchen ganz anderer Art - armes Mädchen, reicher Traumprinz, große Liebe nach allerlei Hindernissen - ist DADDY LANGBEIN (orig. DADDY LONG LEGS), ein Zwei-Personen-Musical von Paul Gordon und John Caird (JANE EYRE), das vom Theater Bielefeld in seiner kleinen Spielstätte "Loft" erstaufgeführt wurde. Ins Deutsche übersetzt haben Marie-Luise Schottleitner und Martin Fischerauer. Jean Websters gleichnamiger Briefroman von 1912 steht in der Tradition von Jane Austen und wurde mehrfach verfilmt (u.a. mit Fred Astaire und Leslie Caron). Die Neue Westfälische nennt das Musical anlässlich der deutschsprachigen Erstaufführung in Bielefeld eine "liebenswürdige Enthüllungs- und Entwicklungskomödie mit dezent sozialkritischer und frauenkämpferischer Note". 

Tatsächlich verbindet der Stoff märchenhafte Elemente mit einer realistischen Story vom Erwachsenwerden einer jungen Frau, die halb unabsichtlich, halb kess ihren reichen Förderer um den Finger wickelt. Die Kritikerin der NW jedenfalls resümiert erfreut, DADDY LANGBEIN sei "ein Musical, wie es eben auch sein kann: absolut zurückhaltend in der Ausstattung, absolut überzeugend in der Aussage". Schon im Februar 2019 steht in Wiener Neustadt die österreichische Erstaufführung von DADDY LANGBEIN an.


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