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Spiel des Lebens: Ein „Tatort“ zitiert Ingmar Bergman

DAS SIEBENTE SIEGEL hat Spuren im aktuellen Münsteraner "Tatort" hinterlassen.

Axel Prahl und Jan Josef Liefers im Tatort "Limbus", Erstausstrahlung 8.11.2020 (Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Martin Valentin Menke)

DAS SIEBENTE SIEGEL (Det sjunde inseglet, 1957, Bengt Ekerot als Tod, Max von Sydow als Ritter Antonius Block. Foto: Ingmar Bergman Foundation)

Kenner*innen des filmischen Oeuvres von Ingmar Bergman dürften beim aktuellen Tatort "Limbus" aus Münster geschmunzelt haben. Die Szene, in der Professor Boerne alias Jan Josef Liefers, zwischen Leben und Tod schwebend, seinen Kollegen Axel Prahl in der Rolle eines rätselhaft-nüchternen Tod-Verwalters zum Spiel auffordert, weist deutliche Parallelen auf zum ikonischen Schachspiel zwischen Ritter und Tod in Bergmans Film DAS SIEBENTE SIEGEL. Dieser Bergman-Stoff eignet sich, in druckfrischer Übersetzung von Renate Bleibtreu, hervorragend für eine Theaterfassung.

Wir meinen: Es ist "der" Bergman für hier und heute.

Im Rückgriff auf die Tradition mittelalterlicher Mysterienspiele meditiert der mit großer künstlerischer Kraft gestaltete Film über den Verlust von Sinnbezügen und die Suche nach Haltepunkten in einer neuzeitlichen Welt. Eine symbolträchtige Allegorie, geprägt von bitterer Skepsis", heißt es im Lexikon des internationalen Films. Ein zeitgenössischer Rezensent erkannte aktuelle Parallelen: "Das Spätmittelalter lebte in der Angst vor der Pest, unsere Zeit lebt in der Angst vor der Atombombe".

Unübersehbar hat sich diese Aktualität, die Angst vor einer nicht wirklich greifbaren Bedrohung, hier und heute weiter verschärft.

Einen Unterschied zwischen Bergman und Tatort gibt es: "Wie kommen nur immer alle darauf, dass ich Schach spiele?", ereifert sich Prahl beziehungsreich, und Liefers schlägt als Alternative "Schnick-Schnack-Schnuck" vor. Nun, die Zeiten sind, wie sie sind - doch die Anspielung auf Bergman jedenfalls dürfte dem Drehbuchautor Magnus Vattrodt wohl nicht einfach so unterlaufen sein. Das Schweben zwischen Leben und Tod, die Beobachtung des Lebens aus gleichsam überirdischer Perspektive ist immer wieder künstlerisch ausgelotet worden, auch und gerade in krisenhafter, unsicherer Zeit: Man denke an Thornton Wilders Drama "Unsere kleine Stadt" oder an Ferenc Molnárs "Vorstadtlegende" LILIOM

Der 1957 entstandene Film DAS SIEBENTE SIEGEL trug erheblich zum internationalen Ruhm Ingmar Bergmans bei und erhielt u.a.den Spezialpreis der Jury der Filmfestspiele von Cannes. Auch wenn das besagte Szenenbild - Ritter und Tod, vor dramatischer Meereskulisse - es zu einiger Berühmtheit brachte, lag dieser Stoff lange nur als Manuskript vor und wurde erst 2018 erstmals auf Schwedisch veröffentlicht. Die erfahrene Bergman-Übersetzerin Renate Bleibtreu zögerte nicht, sich an eine deutsche Übertragung zu wagen. Ihre Arbeit steht nun bei Musik und Bühne für die szenische Bühnenrealisation zur Verfügung.


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