Zum Spielzeitstart kamen unsere Schauspielgrößen Ingmar Bergman und Ferenc Molnár zu neuen Ehren. Im Badischen Staatstheater Karlsruhe inszenierte Schauspieldirektorin Anna Bergmann, die sich mit SZENEN EINER EHE und PERSONA als führende Interpretin ihres Fast-Namensvetters profiliert hat, einen großen und großartigen Bergman-Abend. Sie kombinierte EINE PASSION mit SEHNSUCHT DER FRAUEN, ließ Geschichten und Figuren sich überlagern und verbinden: Das sei eine „Collage, die von Boulevardkomik über kühles Erzähltheater bis zum Psychothriller alles kann“, urteilt die Süddeutsche Zeitung und meint, Bergmann hole „intime Konflikte, die in den Filmen aus der Isolation entstehen, auf der Bühne in eine sehr spezielle, gnadenlose Öffentlichkeit – in die der Familie“.
Das Portal nachtkritik.de schreibt, Bergmann lasse Bergman „nach ihrer Pfeife tanzen, kontert ihn mit ihrer eigenen Regiehandschrift. (…) Es sind die seelischen und körperlichen Selbstzerfleischungen der Paare, die sie bestürzend wahrhaftig in Szene zu setzen versteht.“. Deutschlandfunk Kultur bilanziert: „Es ist vor allem ein Theaterabend der großen Gefühle, gespielt von einem bestens aufgelegten Ensemble.“
Ferenc MolnársEINS, ZWEI, DREI ist demgegenüber eine sehr heitere Angelegenheit. Das Grenzlandtheater Aachen würdigt diese Komödie, die ab 16. Januar auch am Theater Ulm zu sehen sein wird, mit einer flotten Inszenierung, die laut Aachener Nachrichten mit „euphorischem Applaus“ belohnt wurde. Molnárs Komödie habe „ihren Biss nicht verloren“, meint die Rezensentin, „die Geschichte um Gedanken wie ‚Mit Geld kann man alles kaufen‘“ habe „Gültigkeit“.
Zumindest hintergründig aktuell ist auch das Musical THE PRODUCERS (zu sehen am Staatstheater Mainz), das das Business am Broadway ebenso persifliert wie unverbesserliche Altnazis (oder sind es Neonazis, über die hier gelacht werden darf?). Die Frankfurter Rundschau nennt das Stück ein „fabelhaft ungeniertes Musical“, und die Website kulturfreak.de ergänzt, die Show sei „gespickt mit Frivolitäten und zahlreichen ironischen Anspielungen nicht nur auf den Broadway und seine Macher, auch auf lüsterne alte und wohlhabende Damen, auf tuntige Schwule und nicht zuletzt auf Adolf Elisabeth Hitler“. Der Wiesbadener Kurier fragt „Klamauk, Spott, schwarzer Humor? Satirisch, albern, grotesk – ja was eigentlich? (…) So viel gute Laune bei so viel Nazisymbolik?“, und kommt zu dem Schluss, das Ganze sei „irritierend gut“. Autor und Komponist Mel Brooks hatte auch in Pforzheim Premiere, und zwar mit FRANKENSTEIN JUNIOR. Seine Version des berühmten Stoffes sei „mit Klamauk vollgestopft“, meint die Pforzheimer Zeitung und urteilt augenzwinkernd: „Totaler Blödsinn!“
Für viele eine Überraschung, weil bisher selten gesehen, war auch SUNDAY IN THE PARK WITH GEORGE von Stephen Sondheim, das die Landesbühnen Sachsen präsentierten. Das Portal musicalzentrale.de schreibt: „Die erstmals gespielte, neue Übertragung ins Deutsche (Robin Kulisch) fängt die Bitterkeit und Bissigkeit aus Sondheims Liedtexten kongenial ein“ und hofft, „dass jetzt auch andere Intendanten den Mut haben, dieses Stück wieder auf den Spielplan zu setzen.“ Die Dresdner Neuesten Nachrichten beschreiben das Musical als „lebendigen Dialog zwischen Kunst und Leben. (…) Wie der Maler seine Menschen hingetupft hat, so gibt ihnen der Komponist mit Varianten der Kompositionstechnik des Minimalismus immer wieder sensible Klangmomente“.
Auch Frank Wildhorns Abenteuermusical DER GRAF VON MONTE CHRISTO wurde zu neuem Leben erweckt, und zwar in Bremerhaven: „Liebe, Intrigen, Rache und dazu ein paar rasante Fechtszenen – das Musical DER GRAF VON MONTE CHRISTO bietet alles, was man sich für einen unterhaltsamen Theaterabend wünschen kann“, schreibt dazu die Nordsee-Zeitung. Sowohl in Bremerhaven als auch an den Landesbühnen Sachsen tragen, wie in einigen Rezensionen hervorgehoben wird, klassisch ausgebildete Sänger*innen aus dem jeweils hauseigenen Ensemble zum guten Gesamteindruck bei, sodass diese Musicals sich sehr gut in die deutschsprachige Theaterlandschaft fügen.
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Musicals“ nennt OTELLO DARF NICHT PLATZEN in Bielefeld „beste Unterhaltung“, lobt speziell die „hervorragende Übersetzung von Roman Hinze“ und enthält zudem erfreuliche Wertungen zu den Premieren gegen Ende der Spielzeit 2018/19 und in der Freilichtsaison. „So fremd fühlt sich AIDA mit ihrem klassischen Friedrich-Schiller-Konflikt zwischen Verstand und Gefühl, Vaterland und Liebe an dieser ehrwürdigen Spielstätte gar nicht an“, heißt es über AIDA in Schwäbisch Hall, „die Geschichte, erdacht von S. J. Perelman und Ogdan Nash, ist auch im Jahre 2019 erstaunlich aktuell und musikalisch en vogue“, über ONE TOUCH OF VENUS in Dresden. DOKTOR SCHIWAGO in Tecklenburg erinnere „an die mittlerweile längst verloren geglaubte Genrespielart des großen Musicaldramas“, der Roman sei „schlüssig und spannungsreich adaptiert“ und Lucy Simons Musik ein Mix aus „lyrischen Balladen, zupackendem Drive, russischer Folklore und opernhaftem Gestus“. In NEXT TO NORMAL (Waggonhalle Marburg) schließlich verbänden sich „Handlung und Musik zu einer mitreißenden, emotionalen Kraft“, die „zwischen Rock, Pop, Country und Jazz angesiedelten Kompositionen“ machten „die Seelenlagen der Protagonisten hörbar“.
Wir freuen uns auf die nächste Premierenrunde, die neben Klassikern des Genres erneut Überraschungen wie AMERICAN IDIOT (München), FOLLIES (Dresden), MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL (Hannover) sowie GUYS & DOLLS (Flensburg) verspricht.